Buchtipps für Kinder- und Jugendbücher

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Lesetipp „Hannas Regen"

Neues Buch der Serie „Kinder- und Jugendbücher entdecken“

 

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„Bestell‘ schöne Grüße!“ Wie oft wird diese Bitte gesagt – und wie selten erfüllt! Kaum denkt jemand jemals darüber nach, was mit den nie ausgerichteten Grüßen geschieht. Josefin, die Ich-Erzählerin in Susan Krellers neuestem Roman „Hannas Regen“, ist anders. Als der Marktleiter des Supermarktes ihr Grüße aufträgt, die auch sie ganz bestimmt nicht ausrichten wird, fragt sie sich, „wo die Millionen von nicht ausgerichteten Grüßen, die sich jeden Tag auf der Welt ansammeln, eigentlich bleiben und ob sie für immer in der Luft herumschweben und ob man manchmal, an besonders grauen Tagen, ganz leicht mit der Nase dagegen stößt und das Gefühl hat, für ein paar Sekunden nicht allein zu sein“ (S. 22). Denn allein ist Josefin, die von sich sagt, dass sie eine von den seitlichen Menschen sei, die aus Versehen mitfotografiert würden. 

Bis Hanna auftaucht, mitten im Regen und voller Rätsel. Wie aus Versehen landet sie in der Schule auf dem Platz neben Josefin, nass und schweigsam und merkwürdig. Dass da nur ein Kriminalfall dahinterstecken kann, vermutet bald nicht nur Josefins Mutter.
Für Josefin selbst wird Hanna fast so etwas wie eine Freundin.

Susan Kreller erzählt mit eindrucksvollen Sprachbildern und überraschenden Ideen von einer Freundschaft, in der zwei Jugendliche sich einander annähern. Doch das, was zwischen ihnen steht, bleibt rätselhaft und geheimnisvoll. Ist es mächtiger als ihre Freundschaft? Am Ende verschwindet Hanna fast wieder aus Josefins Leben. Hin und wieder telefonieren die beiden. „Aber wir reden nicht, wir schweigen die ganze Zeit“ (S. 190), und so kann man das, was die beiden verbindet, vielleicht am besten in Worte fassen: „Denn ich meine, es gibt fast dreizehn Millionen Arten zu schweigen, aber Hanna und ich, wir entscheiden uns ausgerechnet für die eine Art, für die es keine Worte gibt“ (S. 191).

Markus Tomberg sagt: „Unbedingt lesen!“ und wünscht: „schöne Grüße“.                          © Pfarrbriefservice

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Lesetipp „Ohne dich"

Neues Buch der Serie „Kinder- und Jugendbücher entdecken“

Seit seine beste Freundin Zivan weg ist, hat Joshua eine fürchterliche Zeit hinter sich. Und jetzt auch noch das: Neue Schule, neue Klasse, neue Mitschüler. Gerade Sergio hat es auf ihn abgesehen. Ausgerechnet das Skizzenbuch hat er Joshua weggenommen. Schlimmer geht es kaum.

Joshua und Zivan hatte eine tiefe Freundschaft verbunden. Jahrelang waren sie zur gleichen Schule gegangen, hatten viel Zeit miteinander verbracht. Doch dann musste Zivan zurück in den Irak. Ihr Vater wollte sie traditionell mit einem Cousin verheiraten.

Erna Sassens Roman erzählt in Rückblenden von dieser Freundschaft, von Joshuas Angst um Zivan, von den immer weniger erfolgreichen Versuchen, den Kontakt zu halten. Und er erzählt von der Zeit danach: Von Joshuas Ängsten in der neuen Schule, den gewalttätigen Mitschülern, der Suche nach neuen Freunden. Der sensible, künstlerisch begabte Fünfzehnjährige wirkt in der rauen Welt der neunten Klasse der Hauptschule so richtig fehl am Platz. Die Buchillustrationen von Martijn van der Linden ergänzen Sassens Romantext grandios und geben Einblicke in Joshuas Skizzenbuch, das die Freundschaft von Joshua und Zivan noch einmal auf ganz besondere Weise darstellt.

Doch gerade das Skizzenbuch wird zum Türöffner. Sergio sucht ein besonderes Motiv für ein Tattoo und Joshua soll es zeichnen. Und auch Dylan, vor dem Joshua besonders Angst hat, will ein Motiv von Joshua. Bei beiden soll es nicht irgendein Motiv sein. Tattoos haben eine Bedeutung! Nach und nach erfahren die drei Jugendlichen von ihren Geschichten. Alle tragen tiefe Wunden in sich.

Dann brechen alle neunten Klassen zu einer Fahrt ins Rijksmuseum in Amsterdam auf. Sie haben Glück: Die Führung dauert nicht lange. Zusammen mit Sergio und Dylan geht Joshua auf eigene Faust los. Am Ende landen nicht nur Dylan und Sergio, sondern alle drei Jungen im Tattoo-Studio. Sergio entscheidet sich für eine Aktzeichnung. Ein Bild Zivans aus Joshuas Skizzenbuch wird die Vorlage für ein Tattoo für Dylan, der sich seine als Kind verstorbene Schwester stechen lässt. Joshua greift zu einem Symbol – eine wunderschöne Ziege, die an das Opferlamm Zurbaráns erinnert.

Erna Sassen erzählt eine Geschichte ohne Happy End für Zivan und Joshua. Sie erzählt vielmehr vom Schmerz, der am Ende beim Stechen der Tattoos unmittelbar körperlich wird, sichtbare Spuren hinterlässt und eine Art Erkennungszeichen ist. Wer da an die Wundmale des Gekreuzigten denken will, findet in dem Roman gute Gründe dafür. Sensibel entfaltet das Buch die Freundschaften der so verschiedenen Jugendlichen. Es macht deutlich, wie gerade die, die wir vermissen, zeigen, wer wir sind.

Buchrezensionen von Markus Tomberg                                                                                © Pfarrbriefservice

 

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Lesetipp „Stolpertage"

Neues Buch der Serie „Kinder- und Jugendbücher entdecken“

 

 

Josefine Sonneson erzählt in „Stolpertage“ von Jettes Verlusten. Kurz vor und während der Osterferien wartet sie nicht nur zusammen mit ihrer Schwester auf den Sommer. Sie steht auch am Sterbebett des Großvaters. Dort erlebt sie seinen Tod mit und die erste Zeit danach: die Trauer, den Umzug in ein neues Haus zusammen mit Hannes, dem Nicht-Ersatz-Vater. Doch die Leerstellen bleiben und wachsen nicht nach. Erst auf der allerletzten Seite blinzelt ein wenig Hoffnung: Sommer wird es trotzdem.

Sonneson erzählt behutsam, aber sehr intensiv von den letzten Tagen mit dem Großvater, von Erinnerungen, die bleiben und sich verändern, von Wegen in die Zukunft. Berührend sind besonders die intensive Darstellung des Sterbens, der der Roman mehrere Seiten widmet. Geduldig werden dabei die vielen Fragen, die Jette und wohl auch viele Leserinnen und Leser bewegen, beantwortet. Dabei wirkt der Roman nicht sensationsheischend oder voyeuristisch. 

Buchrezensionen von Markus Tomberg                                                   © Pfarrbriefservice

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Lesetipp „Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt)"

Neues Buch der Serie „Kinder- und Jugendbücher entdecken“

 

 

Das Cover des Buchs „Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt).

Mason Buttle hat gleich mehrere Probleme. Eines davon: Die Sache mit den Buchstaben. Mason hat eine Rechtschreibschwäche. Obwohl er in die siebte Klasse geht, kann er kaum schreiben. Aber er hat eine Geschichte zu erzählen. Der Drache, ein Sprachcomputer im BüSo, dem Büro der Schulsozialarbeiterin, hilft ihm dabei. Dem kann er die Geschichte einfach diktieren.

In der Geschichte spielt Benny eine große Rolle. Der war Masons bester Freund, bis er von der Leiter zum Baumhaus, das die beiden auf der alten Apfelfarm von Masons Familie gebaut hatten, stürzt und stirbt. Seitdem kommt Lieutenant Baird vom Merrimack Police Departement regelmäßig bei Mason zu Hause vorbei, um herauszufinden, was Mason mit Bennys Tod zu tun hat. Das ist sein zweites Problem.

Sein drittes sind Matt Drinker, Lance Pierson und Corey McSpirit: Die drei lassen keine Gelegenheit aus, Mason zu quälen. Aber als sie sich auch Calvin vornehmen, den Mason aus dem BüSo kennt, ändert sich die Sache. Gemeinsam entkommen die beidem dem Apfelbombardement von Matt und den anderen, und wer so etwas durchgestanden hat, hat schon einmal etwas Wichtiges gemeinsam. Mason und Calvin werden Freunde. Gemeinsam richten sie einen verlassenen Rübenkeller wieder her und haben von nun an einen Rückzugsort.

Doch dann verschwindet Calvin bei einer erneuten Attacke von Matt und Co. – und plötzlich ist die ganze Geschichte mit Benny für Mason wieder da. Ob er vielleicht mehr mit seinem Tod zu tun hat, als er dem Lieutenant bisher erzählt hat? Und ob auch Calvon…?

Mason erzählt seine Geschichte mit Hilfe des Drachens. Sie hält noch manche Überraschung bereit. Ob sich die anderen Probleme auch klären?

Buchrezensionen von Elisabeth Wagner-Engert und Markus Tomberg                         © Pfarrbriefservice

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Lesetipp „Der letzte Papierkranich" – Eine Rezension von Markus Tomberg

Neues Buch der Serie „Kinder- und Jugendbücher entdecken“

von Ronja Goj am 21.05.2021 - 06:00   

„Wir alle / sind / Geschichten.“ So beginnt Kerry Drewerys Geschichte von Großvater Ichiro, der den Atombombenabwurf am 6. August 1945 in Hiroshima überlebte. Bis zum Tod der Großmutter hatte Ichiro seinem Enkel Mizuki aus seiner großen Bibliothek vorgelesen. Jetzt ist der Großvater allein – mit einer ganz besonderen Geschichte. Es ist die Geschichte eines Schuldgefühls.

Ein altes, verblichenes Buch ohne Einband und mit nur noch einer Seite führt zu dieser Geschichte. Sie beginnt mit dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima. Großvater Ichiro ist 17 Jahre alt, als er die Explosion überlebt – mit dem, was er am Leib trägt, und einem Buch. Wie durch ein Wunder findet er auch die 5-Jährige Keiko, die Schwester seines Freundes Hiro. Ichiro will Hilfe holen und muss Keiko zurücklassen, zusammen mit einem Papierkranich, den er aus einer Buchseite faltet. Doch als er viel später zurückkommt, ist Keiko nicht mehr da.

Keikos Papierkranich stammt aus dem Buch, das heute ohne Einband und Seiten ist. Denn jede Seite wurde zu einem Papierkranich, mit dem Großvater Ichiro nach Keiko gesucht hat. Der Papierkranich war sein Erkennungszeichen in vielen, sehr vielen Briefen an sehr viele Suchorganisationen. Bis heute hat er Keiko nicht gefunden. Wird es ihm gelingen? Mit einem Papierkranich, gebastelt aus der letzten Seite des Buches, und mit der Hilfe seines Enkels Mizukis?

Kerry Drewery erzählt in Versen und Prosa eine Geschichte von Gewalt und Liebe, von Schuld und Hoffnung – und der Suche nach Versöhnung. Und von den Geschichten, die wir alle mit unserem Leben schreiben.

Buchrezensionen von Markus Tomberg und Elisabeth Wagner-Engert.                                    © Pfarrbriefservice